30. Museumsgeburtstag war rauschendes Fest - Hanf Museum

30. Museumsgeburtstag war rauschendes Fest

Veröffentlicht am 11. Dezember 2024
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Das Hanf Museum feierte seinen Geburtstag mit einem ganztägigen Fest, das reich an cannabispolitischen und hanfkulturellen Höhepunkten war. Zwischen Hanffood und handgemachter Musik gelang ein würdiger Abschluss für das Jahr Null der Entkriminalisierung.

Es mutete anachronistisch an, dass sich selbst eine der Aufklärung und Volksbildung verschriebene Instanz, wie es das Berliner Hanf Museum seit 30 Jahren ist, nicht der Faszination runder Geburtstage entziehen konnte. Andererseits ist nachvollziehbar, dass das “heimliche Herz der deutschen Legalisierungsbewegung” das Jahr Null der Entkriminalisierung mit einer seiner historischen Singularität gebührenden Feier zu beenden suchte. Schließlich lieferte 2024 ein übervolles Maß Anlass zu gemeinschaftlichem kommunikativen Exzess.

Als der runde Geburtstag mit der schon traditionellen Öffnung des Museums durch den Nikolaus begann, war die Anspannung im Team hoch. Monate der Planung, Wochen des Feinschliffs an Programm und Beteiligten, unvermeidliche spontane Renovierungsarbeiten in den letzten Tagen… und dann regnet es in Strömen. Deutschlands einzige Dauerausstellung über Cannabis als Rohstoff, Medizin und Genussmittel hatte sich fein gemacht. Ob sich das längst zu einem beständigen Hintergrundgrollen mutierte Werbetrommel rühren gelohnt hätte… bei dem Wetter?

Über Hanf reden – mit Sachverstand

Geburtstagstorte

Es dauerte nicht lange, bis sich die Gesichter des Museumsteams entspannen konnten. Schnell füllten sich die Plätze im Kellercafé mit (Informations)Hungrigen. Angeregtes, freundliches Gemurmel einer Vielzahl Gespräche erfüllte den Raum, während in der Küche für das leibliche Wohl der Gäste geschwitzt wurde.

Von technischen Schwierigkeiten blieb das Hanf Museum weitgehend verschont, so dass die 1. Podiumsdiskussion des Tages nicht nur pünktlich beginnen sondern für alle Daheimgebliebenen per Livestream auf dem Museums-Youtubekanal übertragen werden konnte.

Rolf “Rollo” Ebbinhaus begrüßte mit Petra Namyslow, Alli Look, Günter Weiglein und Martin Müncheberg vier “Legalizer der 1. Stunde”. Gemeinsam erinnerten sie sich an die Geburtsjahre der deutschen Legalisierungsbewegung in der 2. Hälfte der 90er Jahre. Und wo sich das Podium nicht erinnern konnte oder wollte, sprang das Publikum ein – der Anlass hatte etliche Alt-Aktive ins Museum gelockt. Menschen fielen einander ins Wort und in die Arme, die sich teilweise seit einem Jahrzehnt nicht gesehen hatten.

Und die Jüngeren? Die staunten, ob der heute mitunter bizarr anmutenden Selbstorganisations- und Werbestrategien einer Legalize-Welt vor Internet und Hanfsamenverbot.

Nach einer kurzen Pause, die viele Anwesende für einen Besuch der Vaporizerbar oder ein (weiteres) Stück Geburtstagstorte nutzten, richtete sich die Aufmerksamkeit wieder auf das Podium. Und damit in die Zukunft, hatte sich doch auf Einladung des Hanf Museums eine Schar “Junger Wilder” versammelt. Moderiert von Ferdinand Siebert traten Philine Edbauer (MyBrainMyChoice), Lisa Haag (MJ Universe) und Tobias Pietsch (hanfnah) an, die Geburtstagsgäste drogenpolitisch ins Jahr 2054 zu entführen. Für den krankheitsbedingt ausgefallenen Constantin Koch (DHV, Gute Besserung!) sprang David von der DHV-Ortsgruppe Dortmund ein.

Podiumsdiskussion “Quo vadis Cannabis?”

In ihrem Zukunft malenden Dialog fragten sich die fünf u.a. ob Alkohol weiter in Supermärkten erhältlich bleibt, wenn Cannabisfachgeschäfte deutsche Realität geworden sind; wie lange der Hype um medizinisches Cannabis der Union Zeit für eine Konterrevolution lässt und ob der Nutzhanf von all dem Genuss irgendwas haben wird.

Da wo man singt, da lass’ dich nieder…

Als im Anschluss für den Umbau zum Abendprogramm alle Gäste den Keller räumen mussten, wollten einige schon protestieren, doch schnell wurde klar, er war nötig. Auch ohne Tische und Stühle – so voll war es selten. Kein Wunder, spendierte das Hanf Museum zum Geburtstag doch gleich zwei kostenlose musikalische Leckerbissen.

Den Auftakt machten Groß&Artig. Die waren zwar vorher nur Einzelnen ein Begriff, trotzdem gelang es den Braunschweigern das Publikum binnen weniger Minuten zum Tanzen, Mitsingen und Mitfühlen zu bewegen. Die Groß&Artige Mischung musikalischer Stile, sie selbst nennen sich Punk-Lieder-Rock-Macher, verführte das Geburtstagspublikum leider zu zivilem Ungehorsam. Anders lässt es sich nicht erklären, dass das Museum mehr und mehr wie die Pflanzenvitrine zu duften begann.

Dergestalt angeheizt war alles bereit für den Höhepunkt des Abends. Er kam in Gestalt eines 26 Jahre alten Versprechens.

Musikalische Cannabiskultur im Hanf Museum hat eine lange Tradition und der krönende Schlusspunkt der Geburtstagsfeierlichkeiten war folgerichtig eine Reminiszenz an die lange Geschichte des demokratischen, politischen Streits für legales Cannabis. Bereits 1998 spielte Götz Widmann, damals noch als Teil des Duos “Joint Venture”, im Museumskeller. Damals, so erinnerte er sich, vor acht oder neun Leuten und mit der Hoffnung, dass den Millionen Hänflingen des Landes unter dem neuen Bundeskanzler Schröder Gerechtigkeit widerfahren möge. Wenn man wegen ein paar Gramm nicht mehr Angst vor der Polizei haben müsse – so versprach Götz damals – würde er wiederkommen und ein Freudenkonzert spielen.
Dass dieser Tag noch fast drei Jahrzehnte auf sich warten lassen würde, ahnte damals keiner.

Doch zum 30. Geburtstag des Hanf Museums war es endlich so weit. Der “Godfather of drogenpolitisches Liedermaching” stand zu seinem Wort und das Publikum überschüttete ihn sowie seine Demokratie verherrlichenden Lieder mit entsprechend lang aufgestauter Liebe. Was auf die ersten Takte folgte, war ein 90-minütiger kollektiver Freudentaumel. Ein würdiger Abschluss für drei Dekaden hanfmusealen Schaffens und ein historisches Hanfjahr 2024, das Jahr Null der Entkriminalisierung.

Danke!

Das Hanf Museum dankt allen Geburtstagsgästen. Ihr habt den 30. zu einem intensiven, kommunikativen, bereichernden Cannabiskulturerlebnis gemacht! Besonderer Dank geht an die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussionen, Götz Widmann, Groß&Artig, das Hanfwerk, den CSC Highground Berlin e.V., den Nutzhanf-Netzwerk e.V. sowie VerdampftNochmal.

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